Epi on board 

ich glaub,

ich krieg`nen Anfall

Auf den folgenden Seiten erfahren Sie Interessantes über Epilepsie, das Leben mit Epilepsie, meine Bücher und das Epilepsie-Patienten Botschafter Programm.

Ganz schön packend, oder?

Epilepsie

Über Epilepsie, Erste Hilfe und Leben mit Epilepsie (Blogs)

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Mit "Epi on board - ich glaub` ich krieg `nen Anfall" begann es. Es folgte "Epilepsie 100 Fragen, die Sie nie zu stellen wagten" und der Nachfolgeband

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In ein Leben mit Epilepsie habe ich mich 2003 zuerst hineinfinden müssen. Seitdem begleitet die Epilepsie mein Leben aber auch positiv

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Humor und Spaß sind die beste Medizin.

Auch und gerade bei Epilepsie

Mit der Familie  kann man alles schaffen.

Ganz nebenbei ...

habe ich Ideen für mich entdeckt, die mein Leben etwas besser, grüner und schöner machen.

Einige davon sind einfach nur gesünder für mich, andere machen richtig Spaß und schützen sogar das Klima.

Aber eins haben sie alle gemeinsam - sie sind simpel, günstig und machen meinen Alltag ein Stückchen schöner.

Diese Ideen möchte ich zu gerne mit Euch teilen, einfach, weil ich so begeistert bin!

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Ideen

Von Ecosian statt Googlen bis zu Plogging statt Jogging.

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von account 21 Okt., 2022
Für uns Epilepsiepatienten sind viele Dinge Normalität die für andere Menschen teils undenkbar sind. Uns fehlen häufig Dinge, die wir nicht tun dürfen, sollten oder können, wir hadern auch manchmal damit oder sind traurig, aber größtenteils haben wir uns damit arrangiert und unsere Wege gefunden. Was aber nicht heißt dass ein einmal eingeschlagener Weg oder ein eingefahrenes Arrangement unveränderbar sein muss. Mir wurde erst kürzlich wieder schmerzlich bewusst, welch enormer Unterschied eine einzige Sache in unserem Leben machen kann. Einen Unterschied, den ich nach 20 Jahren schlicht vergessen hatte. Knapp zwei Monate ist es her, da bekam mein Vater eine TIA und ein darauffolgendes Fahrverbot. Dieselbe Diagnose wie ich vor knapp einem Jahr. Als ich daraufhin ein Fahrverbot ausgesprochen bekam, konnte ich nur müde lächeln – dank meiner Anfälle kenne ich es schließlich nicht mehr anders. Als mein Vater dieses Verbot ausgesprochen bekam, brach dagegen erst einmal eine Welt zusammen. Verständlich. Aber um der Wahrheit die Ehre zu geben, ich war zutiefst verwundert über diese Reaktion. In meinen Augen haben meine Eltern nicht nur an meinem Beispiel gesehen dass eine neurologische Erkrankung diese Maßnahme häufig nach sich zieht. Mein Vater ist auch schon 81 Jahre alt und man muss in diesem Alter einfach damit rechnen dass man physisch irgendwann nicht mehr in der Lage sein könnte Auto zu fahren. Ich, in meiner Situation, hatte in diesem Fall Schwierigkeiten Empathie zu zeigen. Bis zu diesem Alter Auto fahren dürfen – das wäre ein Traum für mich gewesen. 50 Jahre mehr Unabhängigkeit hätte dies für mich bedeutet. Darf man sich da noch beschweren? Natürlich darf man. Wahrscheinlich muss man sich sogar beschweren, um dies zu verarbeiten. Ich wollte es trotzdem nicht hören. So egoistisch mein Gedanke auch war, gab er mir doch einen neuen Impuls. Mir wurde erneut klar, wieviel Last wir meinem Mann aufbürden. Größere Einkäufe, Arztbesuche außerhalb der Reichweite des Nahverkehrs, Tierarztbesuche, meine Vorträge usw. Für all dies spielt mein Mann seit 20 Jahren den Chauffeur. Nun kamen auch noch meine Eltern und teils seine Mutter hinzu. All das, neben dem Beruf und unseren süßen Enkeln zu stemmen, war einfach zu viel. Er war mittlerweile schlicht am Limit. Es musste sich etwas ändern, das war schnell klar. Die Lösung stand mir durch meine Tochter und Freunde schon lange vor den Augen, wirklich realisiert habe ich es nicht. Ein Fahrrad wäre eine Lösung für die meisten dieser Fahrten, aber ich hatte seit meinem schweren Sturz damals nicht nur Epilepsie im Gepäck, sondern auch eine tiefsitzende Angst vor Höhen, Geschwindigkeit und Stürzen. Dass ich auf einem Fahrrad auch Rückenschmerzen bekomme, war die perfekte Ausrede um es nicht einmal zu versuchen. Bis zu dem Tag als meine Tochter mich auf ihr E-Bike setzte und mein Enkel mich erwartungsvoll anstrahlte. Ich spüre meine komplex fokalen Anfälle vor Beginn, kenne meine Auslöser und bin immer in der Lage früh genug zu reagieren. Bei der Abgeschiedenheit ihres Hauses fehlte mir auch diesbezüglich jegliche Ausrede und so wagte ich meine erste todesmutige Fahrt. Zuerst nur einige Meter, dann immer ein wenig mehr und endlich wagte ich meine erste richtige Fahrt bis zum Ort. Meine Tochter lebt in den Bergen, dadurch war die Aussicht so atemberaubend, dass ich meine Angst völlig vergaß. Der Kleine saß hinten im Hänger und juchzte, mein Mann und Tochter begleiteten mich mit ihren Fahrrädern. Und es stimmt – man verlernt nichts. Es war, als hätte ich nie aufgehört Rad zu fahren. Das war der Auslöser für einen Gedanken der in meinem Kopf reifte. Ich musste meine Angst besiegen. Meine Familie hatte mir bereits vier Monate eher einen Ausflug mit einem Lift geschenkt. Zitternd und anschließend weinend, aber auch ein bisschen stolz hatte ich die Fahrt auf den Alpstein gewagt. Daran wollte ich anknüpfen. Zwei Wochen später war ich mit meinen drei Freundinnen in bayrischen Oberaudorf. Zuerst wagte ich mich in einen Sessellift, dann in eine Sommer-Rodelbahn, um anschließend mit dem „Oberaudorfer Flieger“ den Berg zu bewältigen. Mein Trick dabei war: Keine Wartezeiten für größere Herausforderungen. Wenn ich mich entschlossen hatte, musste ich es sofort umsetzen. Nicht nachdenken, keinen Foto herauskramen, nicht stehen bleiben. Und vor allem nicht nach unten sehen. Kurz darauf waren wir wieder in der Schweiz bei unserer Tochter und ich fuhr zum ersten mal alleine die Serpentinen mit dem Fahrrad herunter. Hätte mich tags darauf Corona nicht erwischt, wäre ich täglich gefahren, doch diese langsame Steigerung war mir nicht vergönnt. Keine zwei Wochen später bekam ich die Gelegenheit eine schnelle Steigerung zu erreichen. Mittlerweile hatte ich mir bereits ein E-Bike gekauft, aber gefahren hatte ich es noch nicht. Mir fehlte noch das letzte Quentchen Mut, der zündende Funke um auch innerhalb von Ortschaften zu fahren. Doch der sollte ganz schnell kommen. Auf einer Veranstaltung stand ich mit Sohn, Mann und zwei meiner Enkelchen vor einem Feuerwehrauto mit Drehleiter. Der Feuerwehrmann rief „wenn Ihr noch mitfahren wollt, dann rein in den Korb, ich muss gleich weg. Es war eine Sekundenentscheidung. Nicht nachdenken, nicht zögern, tun! Bevor ich wirklich realisierte was ich dort tat, stand ich mit meinem Sohn im Korb der Drehleiter und hob ab. Diesmal schaute ich herunter – aber erst als der Korb ganz oben war. Ich war entsetzt. 30 Meter seien es gewesen, erzählte mein Mann mir später. Nun ja, da darf man auch mal entsetzt sein. Aber ich war auch glücklich. Nach diesem Erlebnis wusste ich dass ich weitermachen muss, wenn ich diese Angst jemals besiegen will. Oder anders gesagt, wenn ich wieder frei sein will. Vor allem wusste ich dass ich es auch kann. Ich darf meinem Schweinehund keinen Raum lassen, muss meine Chancen sehen und sie nutzen. Dann war es endlich soweit und ich habe diese Chance genutzt. Euphorisch, glücklich, aber anfangs auch nervös. Ich bin mit meinem Fahrrad in den Nachbarort einkaufen gefahren. Lächerlich, wenn man das so liest, ich weiß. Aber für mich war es ein Meilenstein. Ohne Mann und Chauffeur kam ich vollbepackt nach Hause. Mir fällt es schwer zu beschreiben wie dieses Gefühl war. Alleine loszufahren, alleine das Ziel auszusuchen und mittendrin spontan einen anderen Weg zu nehmen, war für sich alleine genommen schon die maximale Freiheit für mich. Dann noch alleine die Einkaufstaschen voll zu packen, um dann auch wieder alleine nach Hause zu fahren. Natürlich liebe ich meinen Mann mehr als ich sagen kann. Ich liebe es auch mit ihm unterwegs zu sein und wir haben selbst beim einkaufen Spaß. Und doch hatte ich vergessen wie es ist so frei zu sein auch mal etwas alleine dort tun zu können, wo ich ohne Auto nicht hinkomme. Nicht weil ich es muss, sondern weil ich es kann! Ich war in diesem Moment frei in meinen Entscheidungen und frei in meinen Aktionen! Und das wichtigste: ich war völlig frei von Angst! Ich habe zwar hier und da natürlich den Anflug eines Gedankens an den Sturz vor 20 Jahren gehabt, der Moment als ich abhob und mich mehrfach überschlug war wieder präsent und auch der anschließende Schmerz schob sich immer wieder kurz in mein Bewusstsein. Aber es löste keine Angst mehr aus. Vorsicht ja, eine besonders aufmerksame Fahrweise auch, aber die große lähmende Angst war bei dieser Fahrt verschwunden. Das verrückteste ist wohl, dass ich nicht eine Sekunde daran dachte einen Anfall zu bekommen. Ich denke auch nicht dass ich das brauche. Meine Anfälle kommen in Entspannungsmomenten oder wenn es mir nicht gut geht und davon war dieser Ausflug in die Freiheit, auf ganz wunderbare und positive Weise, weit entfernt. Ich wünsche Euch, dass auch Ihr Euch ein Stückchen Freiheit (zurück)erobern könnt oder vielleicht schon wiedergefunden habt. In welcher Form auch immer, Hauptsache es macht Euch glücklich. Ich bin auf jeden Fall sehr dankbar dafür und hoffe, dass ich mir das auch immer bewahren kann.
von account 16 Aug., 2021
Darf ich mich trotz Epilepsie tätowieren lassen? Diese Frage stellen sich Menschen mit Epilepsie immer wieder. Und tatsächlich kann man sie auch nicht so ohne weiteres mit Ja oder Nein beantworten. Nicht, weil es prinzipiell anfallsauslösend wäre ein Tattoo stechen zu lassen, denn das ist es nicht, sondern weil nicht alle Tätowierer so frei sind und es möchten. Doch kommen wir zuerst zur anfallsauslösenden Situation. Wie bei allem im Alltagsleben eines Epilepsiepatienten gibt es auch hier die ganz wenigen Patienten, die auf die interessantesten Dinge reagieren können. Ich reagiere beispielsweise auf spezielle hohe Frequenzen, also ungewöhnliche akustische Reize. Andere dagegen reagieren auf häufigere Anfallsauslöser wie Schlafentzug, die Nächsten haben einen bunten Blumenstrauß aus Reizen. Es ist also sehr individuell. Als ich meine Tattoos stechen ließ, hatte ich gerade eine sehr lange anfallsfreie Phase. Zudem habe ich das Glück einer Aura, spüre einen Anfall also vorab und hatte auch noch meine Tochter dabei, denn es sollte in diesem Falle ein Mutter/Tochter Tattoo werden. In diesem Falle? Ja, tatsächlich bin ich keine Ersttäterin. Da saßen wir nun, der Termin war lange ausgemacht und ich hatte vergessen die Tätowiererin über meine Epilepsie aufzuklären. Sie tätowierte gerade meine Tochter, als ich sie fragte ob sie etwas dagegen hätte, wenn ich einen Blog über Epilepsie und Tätowierungen schreiben würde. Leicht erschrocken erzählte sie uns dann von einem Kindheitserlebnis und dass sie Menschen mit Epilepsie aus Sicherheitsgründen eigentlich nicht tätowieren würde. Hoppala, damit hatte ich nicht gerechnet, doch es war natürlich meine eigene Schuld dass ich nun in dieser Situation war – ich hätte vorab fragen können. Glücklicherweise war sie offen und schnell überzeugt dass sie sich in meinem Fall keine Sorgen machen müsste. Und sie war einverstanden mit dem Blog. Trotzdem machte ich mir so meine Gedanken über ihre Worte. Klar, ich war bereits seit fast einem Jahr anfallsfrei. Ich hatte eine Aura und für den Notfall - der nicht eintreten würde, wäre meine Tochter dabei. Aber wie musste es Tätowierern gehen, die vielleicht Nicht-Anfallsfreie Patienten unter der Nadel liegen haben. Die nicht wussten was eine Aura ist. Die nicht zwischen fokalen Anfällen, Absencen und den für ein Tattoo echt übel werden könnenden Grand mal unterscheiden können? Die befürchten müssen, dass die Nadel mit Tinte abrutscht und eine sichtbare unschöne Erinnerung bleibt? Dieser Anfall würde niemals vergessen werden. Nicht nur für den Tätowierer, sondern auch für ihre Klienten. Ich verstand sie gut und ein schlechtes Gewissen schlich sich über meine große Vorfreude über diese tolle Mutter/Tochter Statement. Obwohl wir genau wussten, dass ich noch nie einen Grand mal hatte, konnte sie den Unterschied nicht kennen. Vielleicht interpretierte ich auch wieder einmal zuviel in das Gefühlsleben anderer Menschen hinein, ich machte mir schließlich immer Sorgen um andere. Aber so bin ich eben, das macht mich aus. Meine Grübeleien waren in dem Moment vergessen, als meine Tochter einen Blick auf das halbfertige Tattoo warf und begeistert war. Nun überwog die Freude und alle Sorgen waren vergessen. Ob es weh tut? Es kommt darauf an, wo das Tattoo gestochen wird. Kinder bekommen ist schlimmer, ein Eis essen angenehmer. Wie ich es beim nächsten mal machen würde? Ich war bislang bei vier verschiedenen Tätowierern und das war die erste Tätowiererin, bei der es überhaupt nicht blutete oder zu Wundsekret kam. Schaut Euch nach Jemandem um, der nicht zu tief sticht. Bei Freunden oder im Netz findet man viele Bewertungen. Ich würde, wenn ich es noch einmal zu tun hätte, die Epilepsie direkt ansprechen und ggf. genauer erklären. Eine Begleitung macht auf jeden Fall Sinn, auch für Euch. Falls Ihr blutverdünnende Medikamente nehmt, lasst Euch keine hellen Farben stechen. Eins meiner Tattoos färbte sich durch Einblutungen in ein unschönes rosa. Ich nahm damals ein Antiepileptikum, das blutverdünnend wirkte. Viele Tätowierer lassen vor Beginn ein Blatt zu ihrer und Eurer Sicherheit ausfüllen, gebt alle Informationen wahrheitsgemäß an, es ist zu Eurer eigenen Sicherheit. Falls Ihr nicht anfallsfrei seid, besprecht Euren Wunsch ausführlich mit Eurem Arzt und dem Tätowierer. Erst wenn Beide kein Problem damit haben, wagt den Wunsch zum Tattoo - es gibt in diesem Falle nichts Schlimmeres als ein verkorkstes Tattoo, das Ihr Euch ein Leben lang ansehen müsst. Und falls alles o.k. ist, für Euer "Bild für die Ewigkeit", wünsche ich Euch alles Gute und viel Spaß damit. Eure Anja
von account 16 Aug., 2021
Sonntag Morgen, die Sonne scheint auf das verschlafene Gesicht, die Brötchen liegen schon im Körbchen, der Kaffee duftet und vor einem liegt ein toller Tag mit der Familie. Epilepsie, ja und??? Wen interessiert die schon? Mittags am See kitzelt der warme Wind die Nase und lässt die Haare herrlich wehen, während die Sonne auf dem Wasser glitzert. Herrlich!!! Vor wenigen Jahren noch wäre das nicht möglich gewesen, da war man noch nicht anfallsfrei und gehörte zu den wenigen Epilepsiekranken, die von Flackerlicht Anfälle bekommen, aber jetzt, jetzt hat man durch die Tabletten alles im Griff und kann es auch genießen. Die Welt kann so schön sein. Abends im Bett denkt man noch lange darüber nach wie positiv sich doch alles entwickelt hat im Gegensatz zu früher, als man verzweifelt gegen die Anfälle kämpfte und im Dunkeln tappte. Man schläft dankbar, mit einem Lächeln im Gesicht, ein. Als man montags wieder aufwacht sind die Beine wie Blei, die Augen wollen einfach nicht aufgehen und das Geschrei der Kinder macht einen beinahe wahnsinnig. Dünnhäutig ist man geworden, schwerfällig, antriebsarm, nicht belastbar. Das sind die Tabletten, manchmal schlagen die Nebenwirkungen eben wieder zu. Nicht immer gleichbleibend, je nach Tagesform mal mehr oder mal weniger aber an diesem Tag eben nicht mehr zu ignorieren. Während man sich und seinen Körper quält steigt erneut die unterdrückte Wut auf. Warum??? Warum muss ich so viele Tabletten schlucken, warum muss ich Epilepsie haben, warum bekomme ich keinen Arbeitsplatz, warum bin ich gereizt? Und überhaupt, warum ich??? Gestern noch, als man den Mann im Rollstuhl sah, war man dankbar dass man nur Epilepsie hat. Gestern noch, als man in den Nachrichten die Katastrophenmeldungen gesehen hat, war man dankbar hier zu leben – in relativer Sicherheit. Gestern noch, als man die alten Fotoalben durchsah und Bilder gesehen hat aus Zeiten wo man viele Anfälle hatte, war man dankbar für die Fortschritte der Medizin und die Medikamente. Aber gestern ist nicht heute. Vergessen ist der Weitblick, die Dankbarkeit und das tolle Lebensgefühl von gestern. Heute ist nicht gestern, heute sind die alten Schatten wieder da. Die Schatten von denen wir uns allzu oft mitreißen lassen. Und wenn wir ehrlich zu uns selbst sind, wissen wir ja auch dass wir vor den Anfällen nie sicher sind. Genau wie kein anderer Mensch, denn Krampfanfälle kann jeder Mensch bekommen. Der Unterschied ist nur, wir wissen was es bedeutet Anfälle zu haben. Wir kennen die Macht, die uns überwältigt, uns die Zügel aus der Hand reißt und uns ins Straucheln kommen lässt. Aber genau das kann auch unser Vorteil sein. Wir kennen es und tief in unserem Innern erwarten wir es auch auf die eine oder andere Weise. Wenn man sich an die alte Weisheit von Reinhold Niebuhr erinnert, „Lieber Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen die ich nicht ändern kann, gib mir den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden„, dann wissen wir das er recht hat. Es nützt uns nichts zu trauern, zu neiden oder zu jammern. Unsere Unzufriedenheit wird nur größer und unsere Stimmung nur noch schlechter. Im Inneren wissen wir auch, dass es kaum einen Menschen auf der Erde gibt der nur mit Glück und ganz ohne Schmerzen gesegnet ist. Jeder trägt sein Päckchen auf seine Weise, der eine früher, der andere später. Und schauen wir uns in der Welt um, dann bemerken wir sehr schnell, dass es uns vergleichsweise gut geht. Das kann trösten und die Sorgen relativieren. Meistens klappt das sehr gut. Aber manchmal ist einem auch ein herrlicher Sonntag zu viel. Da ist das sonst so herrliche Vogelgezwitscher plötzlich Geschrei im Kopf und der verständnisvolle Partner versteht die Welt nicht mehr. Nicht umsonst ist die Depressionsrate bei Epilepsiekranken höher als unter der Normalbevölkerung. Oft ist es ein schleichender Prozess. Ein Prozess den wir selbst kaum bemerken. Und doch sollten wir ihn nicht ignorieren. Wir Epilepsiekranken brauchen einfach die Zeit für die Prozesse die in uns ablaufen. Eine Epilepsie ist eben kein gebrochener Arm, der überall Akzeptanz findet. Epilepsie ist auch heute noch Stigma, Tabu, Einschränkung und Unsicherheit. Eine andauernde Riesenbelastung. Eine Belastung, aber gleichzeitig auch eine Chance. Eine Chance für den Mut, Dinge zu ändern, die man ändern kann. Klären wir zuerst uns auf und dann alle anderen und das Tabu wird Risse bekommen. Gleichzeitig wird auch unsere Unsicherheit schwinden und uns selbstbewusster werden lassen (siehe unsere berühmten Vorgänger). Und ganz nebenbei können wir noch Menschen helfen und dadurch neue Verbindungen knüpfen. Doch wir sollten auch nicht vergessen dass es trübe Tage gibt, wo uns alles schwer fällt und zu viel wird. Vielleicht schaffen wir es ganz alleine durch diese Tage, vielleicht brauchen wir aber auch Hilfe. Sei es in Form von guten Gesprächen, durch ein Tagebuch oder ganz klassisch auch in einer längeren Therapie gegen mehr als nur schwarze Tage. Epilepsie ist wie eine Fahrt mit einer Berg- und Talbahn. Mal geht’s hinauf und mal hinab. Und meist entzieht sich diese Fahrt unserer Steuerung. Ein zu langes Hinauf rächt sich bei uns Anfallspatienten manchmal auch durch ein rapides Bergab. Geben wir beiden Strecken nicht zu viel Raum und versuchen wir unser Leben wieder auf eine Gerade zu bringen. Harmonie in uns selbst zu finden und die Höhen und Tiefen anzunehmen. Vielleicht können wir uns dann mehr über die Höhen freuen und die Tiefen in dem Wissen annehmen, dass auch diese wieder vorbei ziehen werden. In diesem Sinne wünsche ich allen eine gute Tagesform Eure Anja
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